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Mit anderen Worten - Metatags zum anfassen

Submitted by lemadmin on Tue, 05/05/2015 - 02:00
Klassifikation | Classification
Autor(en) | Author(s)
Klinger, Claudia
Jahr der Erstveröffentlichung | Year of original publication
2000
Sprache(n) | Language(s)
Deutsch
Screenshots
Deutsche Beschreibung | German description

Gemäß des französischen Netzliteraturtheoretikers Philippe Bootz' Darlegung des Schreibens und Lesens im Netz, ist von einem "texte-auteur" ('Autortext') und "texte-à-voir" ('zu sehender Text') die Rede. Der "texte-auteur" ist für den Leser nur durch Einsicht in den Quellcode sichtbar. Noch bevor Google als Suchmaschinengigant den algorithmischen Umgang mit den im Quellcode angegebenen Angaben wie zur heutigen Zeiten strategisch regulierte (gegenwärtig sind Schlagworte von geringerer Bedeutung), wurden von Programmierern "keywords", also Schlagwörter dazu genutzt, den Leser durch bestimmte Schlagworte zu einer bestimmten Seite zu führen. Bei Übereinstimmung von Suchbegriffen mit den im Quellcode angegebenen Schlagwörtern, wurden gegebene Webseiten in Suchergebnisseiten gelistet. Mit dem Ziel, möglichst viele Besucher zu erreichen, führte dies zu einer Schlagwortverschleierung, bei der durch vermeintlich zutreffende Schlagworte User zu Seiten "gelockt" wurden, die dem eigentlichen Inhalt einer Seite nicht entsprachen. Gemäß dieser Strategie wählt Klinger "Metatags: Horny bitches" als Seitentitel, der - auch gegenwärtig von algorithmischer Bedeutung - in Suchmaschinenergebnissen und im Browserwindowfenster aufgeführt wird. Im Mittelpunkt von Klingers Arbeit sind von der Autorin gewählte keywords, die in Form eines Quellcodes als "texte-á-voir" dargelegt sind und als Links fungieren. Die Schlagworte als Metatags sind demnach "zum Anfassen" und, anders als im Quellcode, zur Interaktion gedacht. Klinger greift hier die Assoziationskraft von Schlagworten auf, dessen Übereinstimmung der Leser durch Klick auf ein verlinktes Wort prüfen kann. Nicht alle von Klinger aufgeführten Schlagworte sind jedoch verlinkt und geben dem Leser somit die Möglichkeit der freien Assoziation, ohne jedoch auf einer von der Autorin gewählte Seite geführt zu werden. Die Auswahl an Worten und verlinkten Seiten spiegeln nicht nur die Vielfalt der im Netz zu lesenden Inhalte wider, sondern sind auch ein Abbild wichtiger und weniger wichtiger weltbestimmender Inhalte, die im Mittelpunkt der Webleserschaft stehen, darunter Monika Lewinsky, Auschwitz, Töten, Ficken, Gagarin und Gott. Die Fragen, die Klinger der Arbeit auf der Titelseite voran stellt: "..sprechen Metatags mit Such-Robots? ...oder Menschen mit Maschinen? ...oder Programme mit Menschen? ...oder Menschen - über Programme und Maschinen - mit Menschen? ...oder Maschinen und Programme - über Menschen - mit Maschinen und Programmen?" werden nicht unbedingt beantwortet, laden jedoch zur Reflexion ein. Gleichsam wird ein Einblick in die literaturtheoretischen Problemstellungen einer Zeit gegeben, in denen Schlagworte zur Verführung des Lesers im Netz missbraucht wurden.

Autor der deutschen Beschreibung | Author of German description
Patricia Tomaszek