„Was würden Sie denn machen, wenn sie mit so einer zusammen wären? Vollkommen rechtwinklig will sie ihr Kopfkissen. Und aufgeschüttelt. Und rein. Also tut sie es – aufschütteln, zurechtklopfen, viereckig machen. Und glätten. Wie jeden Abend. Seit dreißig Jahren immer dasselbe Ritual. Jede Nacht nach dem letzten Fernsehen, wenn ihr fast schon die Augen zufallen davon, klopft meine Frau ihr Kissen in eine ihr angenehme Form. Will sich wohlfühlen in der Bettung ihres Hauptes, gleich neben mir, der ich mich seit Ewigkeiten da abends neben sie zur Ruhe hinstrecke und ihr blödes Ritual erdulde.“
Der Text richtet sich direkt an die Leser und verrät ihnen die Leiden und Schlafzimmergeheimnisse des Ich-Erzählers. Es geht ums Schnarchen, um Verdauungslärm, um das ausgiebige Betätigen der Toilettenspülung, wenn einer nachts aufstehen muss: Das Problem des gemeinsamen Alterns, zentriert auf die Enge des Ehebettes. Die Rückblende in die gemeinsame Kindheit – als er (9 Jahre) dem Nachbarmädchen (16 Jahre) immer die Finger ins Höschen stecken sollte und dafür von ihrem Taschengeld bekam – hält noch einige Überraschungen parat. So wie ja dann auch die Gegenwart, wenn der Erzähler – „Heute ist der Höhepunkt meiner Toleranz überschritten. Heute muß endlich etwas geschehen!“ – leise aufsteht, um das Tranchiermesser und ein dickes Frotteehandtuch zu holen.
Quelle: Roberto Simanowski (Hrsg.): Literatur.digital. Formen und Wege einer neuen Literatur. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 2002, S. 174 f.